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Innovation

Invention, Innovation, Disruption: Was ist der Unterschied?

Zuletzt aktualisiert am 16. Dezember 2019

Seit eini­ger Zeit ist immer häu­fi­ger von dis­rup­ti­ver Ent­wick­lung die Rede. Wäh­rend das Wort bis­lang nur Exper­ten ein Begriff war, rückt es nun ver­stärkt in den all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch. Doch was meint „dis­rup­tiv” eigent­lich? Und wo lie­gen die Unter­schie­de zwi­schen Inno­va­ti­on und Disruption?

Hen­ry Ford soll ein­mal Fol­gen­des gesagt haben: „Wenn ich die Men­schen gefragt hät­te, was sie wol­len, hät­ten sie gesagt, schnel­le­re Pfer­de“. Das Zitat lässt sich zwar nicht ein­deu­tig dem berühm­ten ame­ri­ka­ni­schen Grün­der und Auto­mo­bil­pio­nier zuschrei­ben, bringt aber eine wich­ti­ge Erkennt­nis auf den Punkt: Fort­schritt ist nicht gleich Fortschritt.

Neue Ideen und Produkte gibt es jeden Tag

Auf der Welt ver­geht kein Tag ohne Erfin­dun­gen. Jeden Tag hat irgend­wo auf der Erde irgend­je­mand eine genia­le Idee. Nun sind Inven­tio­nen, also Erfin­dun­gen, noch kei­ne Inno­va­tio­nen. Von der Inven­ti­on bis zur Inno­va­ti­on, bis zum neu­en Pro­dukt oder neu­en Geschäfts­mo­dell ist es oft ein lan­ger und stei­ni­ger Weg. Und nicht immer wird die­ser Weg auch bis zum Ende gegangen.

Den­noch sind Inno­va­tio­nen all­täg­lich. Denn bei den vie­len Aber­mil­lio­nen Ideen schaf­fen es auch vie­le neue oder stark wei­ter­ent­wi­ckel­te Pro­duk­te auf den Markt. Ein Elek­tro­au­to ist eine gro­ße Neue­rung, auch wenn es vor­her bereits Autos gab. Die Wei­ter­ent­wick­lung und Ver­bes­se­rung bestehen­der Pro­duk­te ist die häu­figs­te Form von Inno­va­ti­on, denn schließ­lich kann man das Rad nicht stän­dig neu erfinden.

Inno­va­tio­nen betref­fen aber nicht nur Pro­duk­te, son­dern auch Geschäfts­mo­del­le, Märk­te, Ver­fah­ren, Pro­zes­se, Ver­triebs­we­ge oder Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­le. IKEA ist nicht unbe­dingt für inno­va­ti­ve Pro­duk­te bekannt. Das schwe­di­sche Möbel­haus hat jedoch ein völ­lig neu­es Geschäfts­mo­dell ent­wi­ckelt, indem es einen Teil der Wert­schöp­fung zum Kun­den aus­ge­la­gert hat: näm­lich Trans­port und Zusam­men­bau. Ein ande­res Bei­spiel ist Dell. Beim ame­ri­ka­ni­schen PC-Her­stel­ler konn­te schon in den 1990er-Jah­ren Com­pu­ter selbst zusam­men­stel­len und direkt über das Inter­net bestellen.

Ver­än­de­run­gen gesche­hen andau­ernd, und evo­lu­tio­nä­re Inno­va­tio­nen gehö­ren zu unse­rem All­tag. Stän­dig ver­bes­sert jemand ein Pro­dukt, hat eine Idee, wie man dies oder jenes bes­ser machen könn­te. Man­che Inno­va­tio­nen sind sogar so sub­til, dass sie uns gar nicht wei­ter auffallen.

Innovationen, die alles auf den Kopf stellen

Ganz anders ver­hält es sich mit dis­rup­ti­ven Inno­va­tio­nen. Sie sind weni­ger evo­lu­tio­när als viel­mehr revo­lu­tio­när, man könn­te auch sagen: zer­stö­re­risch. Das ist die eigent­li­che Bedeu­tung des Wor­tes „dis­rup­tiv“. Das stammt aus dem Latei­ni­schen „dis­rum­pe­re“ und meint wort­wört­lich „zer­rei­ßen“. Das latei­ni­sche Ori­gi­nal beschreibt ziem­lich genau, was dis­rup­ti­ve Inno­va­tio­nen tun: sie zer­rei­ßen bis­he­ri­ge Märk­te und Geschäfts­mo­del­le förm­lich in der Luft. Sie neh­men sie aus­ein­an­der, bis nichts mehr übrig bleibt von dem, was mal war.

Dis­rup­ti­on, ver­steht sich, kommt sel­te­ner vor als die gewöhn­li­che Inno­va­ti­on. Nicht jeder Ein­fall, nicht jede tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lung hat das Poten­zi­al, vor­han­de­ne Märk­te zu zer­stö­ren. Es ist auch nicht so, dass dis­rup­ti­ve Inno­va­tio­nen dazu füh­ren, dass Pro­duk­te voll­stän­dig ver­schwin­den. Aller­dings kann das Bis­he­ri­ge häu­fig nur noch in einer klei­nen Nische überleben.

So hat im 18. und 19. Jahr­hun­dert das Dampf­schiff das Segel­schiff in wesent­li­chen Berei­chen der Schiff­fahrt ersetzt. Um die Jahr­hun­dert­wen­de wur­den Kut­schen als pri­va­tes Trans­port­mit­tel durch das Auto­mo­bil ver­drängt. Ende des 20. Jahr­hun­dert schob die Com­pact Disc (CD) die Schall­plat­te zur Sei­te. Segel­schif­fe, Kut­schen und Schall­plat­ten gibt es noch heu­te. Aller­dings nicht mehr in ihrem ursprüng­li­chen Markt.

Übri­gens zei­gen die­se Bei­spie­le, dass dis­rup­ti­ve Inno­va­tio­nen selbst nicht davor gefeit sind, von einer wei­te­ren Wel­le der Dis­rup­ti­on weg­ge­fegt zu wer­den. Das Dampf­schiff ist längst nicht mehr das Mit­tel ers­ter Wahl für den Trans­port auf Was­ser­stra­ßen. Und die CD ist in Zei­ten von Strea­ming-Diens­ten ein Aus­lauf­mo­dell ohne gro­ße Zukunft. Es lie­ßen sich noch zahl­rei­che wei­te­re Bei­spie­le für dis­rup­ti­ve Tech­no­lo­gien in der Geschich­te finden.

In jüngs­ter Zeit ist vor allem das Sili­con Val­ley Trei­ber von Dis­rup­ti­on und damit von Ent­wick­lun­gen, die gan­ze Bran­chen voll­kom­men umkrem­peln. Neu ist bei vie­len dis­rup­ti­ven Inno­va­tio­nen der Digi­ta­li­sie­rung gar nicht so sehr das Pro­dukt, als viel­mehr der Denkansatz.

Eine ganze Branche in Aufruhr

Ein sehr häu­fig genann­tes Bei­spiel für dis­rup­ti­ve Inno­va­ti­on ist das US-Unter­neh­men Uber. Der Online-Ver­mitt­lungs­dienst für Fahr­dienst­leis­tun­gen mischt gera­de die Taxi­bran­che rund um den Glo­bus auf. Neu ist bei Uber weder das Auto noch die Idee, dass eine Per­son ande­re Per­so­nen zu einem bestimm­ten Ort befördert.

Wirk­lich inno­va­tiv und für die Taxi­bran­che gefähr­lich ist die Mög­lich­keit, dass tat­säch­lich jeder ande­re Per­so­nen beför­dern darf und Uber an der Ver­mitt­lung ver­dient. Wenn eine kri­ti­sche Mas­se die Apps von Uber nutzt, dann braucht man kei­ne Taxis mehr. Dann hät­te Uber das Taxi-Busi­ness zer­stört – das kann man durch­aus als dis­rup­tiv bezeichnen.

Disruptiv oder nicht?

Aller­dings muss es auch nicht immer so radi­kal zuge­hen wie bei Uber und den Taxis. Wobei anzu­mer­ken ist, dass Uber nicht von allen als dis­rup­tiv ange­se­hen wird. Aus­ge­rech­net Clay­ton M. Chris­ten­sen, der Mann, der mit sei­nem Buch „The Innovator’s Dilem­ma“ (1997) die Theo­rie der dis­rup­ti­ven Tech­no­lo­gie sozu­sa­gen erfun­den hat, kann an Uber wenig dis­rup­ti­ves feststellen.

Dis­rup­ti­ve Unter­neh­men zeich­nen sich laut Chris­ten­sen dadurch aus, dass sie das unte­re Markt­seg­ment oder unver­sorg­te Kun­den­be­dürf­nis­se anspre­chen. In der Dezem­ber­aus­ga­be 2015 der Har­vard Busi­ness Review sagt Chris­ten­sen, dass Uber weder Nut­zer am unte­ren Ende der Qua­li­täts­stu­fe anspricht, noch einen Markt schaf­fe, der davor nicht exis­tier­te. Das glei­che gel­te übri­gens für den Elek­tro­au­to­her­stel­ler Tesla.

Das zen­tra­le Wesen eines Inno­va­ti­ons­trei­bers liegt in der digi­ta­len Tech­no­lo­gie oder bes­ser noch der Digi­ta­li­sie­rung. Auf Basis von digi­ta­ler Tech­no­lo­gie geschieht immer wie­der Fol­gen­des – und zwar auch im Fal­le Uber: Ein Start-up besetzt die Kundenschnittstelle

  • mit einem bes­se­ren Ser­vice – Bestel­len eines Wagens, bes­se­re Fahr­zeu­ge, höhe­re Qua­li­tät, Freund­lich­keit der Fah­rer etc.
  • oder zusätz­li­chen Bene­fits – Rating der Fah­rer, Zah­len per App, Trans­pa­renz zur Ver­füg­bar­keit, Anfahr­zei­ten usw.

Dann begin­nen die New­co­mer die Kun­den­be­zie­hung aus­zu­bau­en, neue Geschäfts­mo­del­le anzu­wen­den, ein­zu­füh­ren und zu mone­ta­ri­sie­ren. Das ist dis­rup­tiv, denn es zer­stört die Geschäfts­grund­la­ge des Taxiunternehmers.

Durch die Digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on ste­hen Märk­te und Geschäfts­mo­del­le in vie­len Bran­chen unter gro­ßem Druck. Aus­ge­löst von Start-up-Unter­neh­men, die in der jewei­li­gen Bran­che bis­her kei­ne gro­ße Rol­le gespielt haben. Die Bran­chen­füh­rer sind wirk­sa­men Angrif­fen aus­ge­setzt, gegen die sie sich mit einer Stra­te­gie wapp­nen müssen.



Von K&P Redaktion

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16. Dezember 2019

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